Das Leben, das Universum und der ganze Rest
Ich will, dass in den Stadtparks nicht nur die traditionellen Bänke stehen, sondern dass es auch überall Hängematten gibt!
Jetzt im Nachhinein ärgere ich mich, dass ich den erfolglosen Comiczeichner, jetzt Elektriker, gestern im Zug nicht gefragt habe, ob er was gezeichnetes dabei hat und ich es sehen darf.
Es ist lustig, in dem Büro vom bewunderten Lieblingsprof zu sitzen, die beeindruckenden Buchrücken zu betrachten, die mich umgeben und dann zu bemerken, dass er seine Email und wahrscheinlich alles, was er so schreibt, auch seine anspruchsvollen Schriften, umständlich und laut klackernd mit einer Hand in den PC tackert. Und dann das Grinsen wegkonzentrieren.
Ich erwähnte bereits meinen Freund S., den angehenden Mathelehrer, der das Unglück magisch anzieht? Heute morgen hat sich eine Amsel in seine Kellerwohnung verirrt und sich in ihrer Angst auf seinen Teppich entleert. Er sagt, es sei nicht zu fassen, was in so einen kleinen Vogel alles reingehe. Außerdem versteht er nicht, dass diese Tiere in der Lyrik so positiv besetzt sind und nennt ihn "Arschdrecksvieh".
Ich hab so viel verloren, vergessen, verschlampt in den letzten Tagen - zum Glück immer mit glimpflichem Ausgang. Unter anderem auch meinen Stick mit den Fotos vom Wochenende. Der Tenor hat den heute erst in seiner Wohnung wiedergefunden und jetzt hab ich die Bilder zurück und kann sie Euch zeigen. Wie schon erzählt waren wir auf Entdeckungsreise und, auch wenn es immer noch nicht Berlin ist, mit Hamburg und mir geht es vorran.
"Le Bieschu, lille, le ma-is, le lüs, la phüsiek."
"Le Bieschu, lille, le ma-is, le lüs, la phüsiek."
"Le Bieschu, lille, le ma-is, le lüs, la phiesiek." - Nein, phÜsiek. - La phÜsiek.
Phonetikunterricht ist lustig, wie Zauberformeln sprechen wir die Worte und Sätze, immer die selben, immer der Reihe nach. Le bijou, l'île, me mais, le lys, la physique. Keine Silbe darf falsch sein, sonst müssen wir nochmal. Und nochmal. Sonst klappt doch der Zauber nicht.
Es ist so gemein. Die Schokolade, auf die ich mich den ganzen Abend gefreut habe, ist verschwunden. Einfach weg. Nur der Streukäse, der in der gleichen Tüte war, ist noch da und verhöhnt mich. Er beweist nämlich, dass O. die Tüte sehr wohl hier gelassen hat und nicht mitgenommen und dass auch die Schokolade noch hier sein müsste. Ist sie aber nicht, die ganze, winzigkleine Wohnung hab ich abgesucht. Ich hab sogar versucht, die Katze zum Suchen zu kriegen. Hat nicht geklappt.
Die Mitbewohnerin T. ist auch keine große Hilfe. Sie ist ahnungslos und weiß gar nicht, welche Schokolade ich meine. Das macht sie so gut, dass in mir ein schrecklicher Verdacht aufkommt, für den ich mich sofort schäme und den ich natürlich nicht andeute. Statt dessen überspiele ich ihn, wenn auch laienhaft. "Wo hab ich die denn nur hingetan?"
Hilft alles nichts. Keine Schoki. Entweder ich wurde beklaut, oder es spukt. So oder so, der Abend ist gelaufen.
Als ich das Etikett "Pistazienschalen", das ich eben beschriftet habe, auf den kleineFilmdose klebe, freue ich mich über die Erweiterung meiner Sammlung. In der Kneipe, hat der neue, aber sehr extrovertierte, laute Junge eine Tupperdose mit Pistazien herumgereicht. Die Freunde sind aufgeschlossen und freundlich, wir freuen uns über Neue und heißen sie bei uns willkommen, der hier war aber schnell bei fast allen heimlich unbeliebt, weil zu laut und zu... doll. Ich frage mich, ob er das spührt und deshalb Pistazien herumgehen lässt. Für Mobbing in seinen subtilsten Ausprägungen bin ich sensibel geworden, und beobachte es genau. An anderen und an mir selbst.
Pistazien. Könnte man auch Ohrringe draus basteln, dachte ich. Oder Halsketten, Armbänder, irgendwelchen Schmuck. Sie sehen fast so aus, wie Muscheln, welche ich sehr mag, die mir aber immer ein bisschen schlechtes Gewissen machen, wenn sie an den Schmuckständen hängen. Werden Muschelbestände durch diese Schmuckinstustrie eigentlich irgendwie gefärdet? Ich habe die Schalen behalten und mit H. eine Diskussion über Mädchen und die Sinnlosigkeit von Schmuck angefangen.
Jetzt bin ich zu Hause, habe die Schalen abgefüllt und beschriftet... und muss unwillkürlich an
diese Webseite denken. Messis haben den Wunsch, ein perfektes Archiv aufzubauen. Damit fängt es an. In meinem Zimmer: Kartons mit Bildern aus Zeitschriften, die ich schön fand und verbasteln möchte, wenn ich mal wieder Karten, Briefe oder Geschenke verschicke. Eine Perlen- und Schmucksachensammlung, die beständig wächst. Schluck. Ich muss wirklich ein bisschen auf mich aufpassen. Aber noch habe ich ein System für meine Güter, noch bin ich kein Messi.
Einmal war ich auch bei meiner Philosophielehrerin zu Hause und habe ihr Büro gesehen. Es lag zwischen dachschrägen Wänden im Obergeschoss ihres Holzhauses und war voller Regale. Darin standen Ordner, die mit Dingen wie "Zeit", "der Tod", "Liebe", "Glück" und "Sehnsucht" beschriftet waren. Es sah aus, wie der Arbeitsplatz von Gott.
Irgendwo in St. Pauli war auf einmal dieser Flohmarkt und auf dem Flohmarkt, da war diese wirklich hübsche Brosche. Kein Verkäufer zu sehen, so konnte der Tenor mir gute Ratschläge geben, ohne die Stimme senken zu müssen: "Wenn sie Dir gefällt, dann frag doch nach dem Preis. Aber denk dran, du musst feilschen."
Ich liebe Flohmärkte.
Ich hasse Feilschen.
Ich hab dann immer ein schlechtes Gewissen, weil ich mir noch nie wirklich Sorgen wegen Geld machen musste und davon ausgehe, dass der Verkäufer viel ärmer dran ist als ich, dass ich ihn und meine Kinderschule beleidige mit dem niedrigen Preis, den ich fordere, und dass ich mich als verwöhnte Anhängerin der Diskount-Kultur oute, die eine ordentliche Wirtschaft langsam den Bach runterreißt und die ich eigentlich gar nicht leiden kann. (Aus soziologischer Sicht. In echt bin ich mir nicht zu schade für Diskounts. Hey, ich bin Student.) Mein Feilschstrategie besteht also hauptsächlich aus Zögern und Murmeln, dass Mathe nicht soo mein Ding ist, ist da zusätzlich nicht hilfreich.
Die Verkäuferin kam also und die Show begann. Sie fing bei 10 an, am Ende bezahlte ich 8 - für mich ein echter Erfolg. Schlecht fühlte ich mich trotzdem. "Sie ist 5 wert, oder?", zischte ich dem Tenor zu, als wir zu anderen Ständen weitergingen. Dass die Verkäuferin auch hinterher noch so nett zu mir war, war ein schlechtes Zeichen - theoretisch weiß ich viel über das Feilschen.
Abends auf der Couch. Das Gespräch kommt zu dem Handel zurück. Der Tenor, der zugibt, es gar nicht besser zu können, als ich, analysiert meine Fehler. Ich liege neben ihm auf der Couch und wiederhole: "Ich hasse Feilschen. Ich hasse Feilschen."
Der Tenor: Hast Du ein schlechtes Gewissen, weil Du sie ausgebeutet hast und sie heute kein Abenbrot hat, oder weil Du viel mehr für die Brosche bezahlt hast, als sie tatsächlich wert war?"
Phae: (kläglich) Beides.